Wer wir sind:
Hallo, ich bin Flitzi, die schnelle, erwachsene Igelin aus Deinem Garten. Ich möchte Dir ein wenig über mich und mein Leben erzählen! Du weißt vielleicht ein paar meiner Geheimnisse noch nicht, weil Du am Tage wach bist, ich aber ein nachtaktives Tier bin, so dass wir uns noch nie direkt unterhalten konnten. Ich bin ein Europäischer Braunbrustigel, und die menschlichen Biologen haben uns mit dem lateinischen Namen Erinaceus europaeus bedacht. Es gibt auch noch die mehr in Osteuropa lebenden, uns relativ ähnlichen Weißbrustigel und Exoten wie Langohrigel und Wüstenigel in Asien und Afrika, die hier in meiner Heimat aber völlig fehl am Platze wären und die ich noch nie gesehen habe.
Wo wir leben:
Dein Garten gefällt mir! Er ähnelt mit den vielen Bodendeckern, den dunklen Ecken unter der Hecke und hinter dem Holzstoß, den gemütlichen Laub- und Reisighaufen, dem dichten Buschwerk und der Wasserstelle den offenen Wiesenlandschaften, die meine Vorfahren früher bewohnt haben. Früher, damit meine ich die 15 Millionen Jahre, als es noch keine Menschen gab, wohl aber uns Igel in unserer heutigen Gestalt! Seit Ihr Menschen immer mehr die Landschaft gestaltet, sind wir Euch häufig gefolgt:
in durchgrünte Siedlungsbereiche mit Gärten, Spielplätzen, Parks und Friedhöfen. Für einen Igel reichen ca. 2000 qm naturnaher und für uns gut zugänglicher Gartenfläche, um satt zu werden. Wir Weibchen gehen etwa einen halben Kilometer pro Nacht auf die Pirsch. Das ist bei den Igelmännchen anders: Ab Juni marschieren sie pro Nacht bis zu drei Kilometer weit, denn sie wollen nicht nur fressen, sondern vor allem eine hochzeitswillige Igelin finden!
Was wir fressen:
Nachts streifen wir herum, um unsere Nahrung, nämlich leckere, knusprige Beutetiere aufzuspüren und zu vertilgen. Wir sind Insektenfresser und mögen am liebsten Käfer, Spinnen, Larven, und Raupen. Gelegentlich fressen wir auch einige Sorten von Schnecken, Frösche, Schlangen, aus dem Nest gefallene Jungvögel, Regenwürmer, manchmal ein Stück Aas, wenn’s sein muss bittere Asseln, und, wenn wir das Glück haben, so etwas zu finden, nehmen wir auch mal ein Mausenest aus. Fallobst und andere Pflanzenteile fressen wir höchstens aus Versehen mit, wenn sich Maden darin befinden – Vegetarisches, (na ja außer Nüssen manchmal) ist ansonsten nicht unsere Sache. Milch übrigens auch nicht: Igel, auch die kleinen, können nämlich überhaupt keine Laktose vertragen!! Wir bekommen Durchfälle und Darmkoliken von Milch und Milchprodukten. Die Freude, die man uns damit machen will, ist unter Umständen unsere letzte…
Wo wir schlafen:
Nachts sind wir auch damit beschäftigt, uns aus Blättern, Halmen, Moos und Reisig ein Nest zu bauen.
Gilt es, nur einen Sommertag zu verschlafen, reicht ein Provisorium, mal hier, mal da!
Ein Nest zur Jungenaufzucht muss schon etwas sorgfältiger gebaut und vor allem ganz besonders weich sein. An einem Winterschlaf-Nest bauen wir am gründlichsten: Es muss wind- und wasserundurchlässig sein und gegen Kälte und Wärme schützen – ja, auch gegen Wärme, denn sonst würden wir im Frühjahr vielleicht eher wieder aufwachen als unsere Beutetiere. Für das Winterschlafnest tragen wir trockene Blätter auf einen Haufen oder in ein schützendes Versteck unter dichtem Strauchwerk (Hecke ist super) oder unter Deinem Komposthaufen, Gartenhaus oder Holzstoß. Dann drehen wir uns so lange im Kreis, bis die Blätter wie Dachziegel übereinander geschichtet sind und eine wasser- und schneedichte, wärmeisolierende Kuppel bilden. Das ist sehr stabil und hält bis ins Frühjahr.
Wie wir gebaut sind:
Falls Du es noch nicht gemerkt haben solltest: Wir haben Stacheln auf dem Rücken! Ein Kleid aus 6000 bis 8000 sehr spitzen Pieksern, knapp 2 cm lang und braun-weiß meliert bei uns Erwachsenen, nur 1 cm lang und mehr grau-weiß bei den Jungigeln. (Die haben auch nur 1000 bis 4000 Stacheln.) Jeder Stachel hat einen eigenen kleinen Muskel, und wenn wir meinen, dass Gefahr besteht, richten sich die Stacheln reflexartig kreuz und quer auf, so wie bei Euch eine Gänsehaut entsteht. Zusätzlich haben wir von der Stirn über die Flanken bis um das Hinterteil herum einen starken Ringmuskel, und wenn wir den anspannen, rollt sich unser Körper zusammen wie eine Duschhaube mit einem intakten Gummizug. Kopf, Bauchseite und Beine verschwinden darunter, und die Haut unter den Stacheln wird so angespannt, dass die Stacheln auf Druck von außen nicht einsinken. Das ist ziemlich einmalig in der Natur und gegen fast alles und jeden ein sicherer Schutz. Deshalb brauchen wir auch nicht so schnell wie die Hasen rennen zu können, – obwohl wir doch so schnell sind, dass Ihr Menschen laufen müsst, um uns einzuholen.
An den Füßen haben wir je fünf Zehen mit drei mm langen Krallen. Insbesondere die Vorderfüße brauchen wir außer zum Laufen auch zum Scharren, zum Graben nach Getier, zum Klettern (wir sind sehr sportlich!) und zum Festhalten unserer Beute. Insgesamt haben wir 36 Zähne, mit denen wir unsere Nahrung laut schmatzend kauen. Um die Insektenpanzer schön knacken zu können, haben wir vier große, kräftige Schneidezähne und oben eine kleine Lücke in der Mitte. Auch zur Verteidigung beißen wir manchmal, z. B. in Menschenfinger oder –unterarme, wenn Ihr uns hochhebt, ohne aufzupassen! Das ist sehr wirkungsvoll: Man wird gleich wieder losgelassen … Weil man nachts sowieso nicht viel sieht, haben wir keine besonders guten Augen. In der Dämmerung können wir nur ungefähr 12 m weit sehen, aber immerhin farbig, meinen wir. Dafür ist unser Geruchssinn super gut, denn wir müssen feindliche Gerüche wahrnehmen (können wir bis zu 10 m weit), die Artgenossen während der Brunstzeit (geht bis zu 6 m weit) erkennen und natürlich unsere Beutetiere mit der Nase finden (schaffen wir sogar bis 3 cm unter der Erde). Der Geschmackssinn ist damit eng verbunden. Wir sind durchaus wählerisch und mögen nicht alles. Saures oder Salziges z.B. finden wir grässlich, aber Süßes lieben wir, und manchmal auch leicht Bitteres. Wenn uns ein Geruch oder Geschmack neu und ganz besonders unwiderstehlich erscheint, kauen wir so lange auf dem duftenden Gegenstand herum, bis unser Speichel schaumig ist. Nachdem wir ihn durch einen mit Sinneszellen ausgekleideten Hohlraum überm Gaumen geleitet haben, wo wir ihn besonders genau registrieren können („Jakobsonsches Organ“) befördern wir den Schaum mit der Zunge unter wonnevollen Verrenkungen auf unser Stachelkleid. Unser Gehör ist viel besser als das von Euch Menschen: Wir hören von 250 bis 60 000 Hz, das ist dreimal höher als es Menschen können. Und gerade die ganz hohen Frequenzen sind ja so wichtig für uns, denn die entstehen durch das Rascheln der Tierchen, die wir gerne fressen. Sehr nützlich sind uns auch die Schnurrbarthaare und der ganze Haarkranz ringsherum unterhalb der Stacheln: Damit ertasten wir unsere unmittelbare Umgebung, z. B. kleine Hindernisse, während wir unterwegs sind. Zu diesem Tastsinn gesellt sich ein ausgeprägtes Gefühl für auch ganz leichte Erschütterungen. Unsere Stimme benutzen wir nur sehr selten. Unsere Babys geben fiepende, zwitschernde Töne von sich, wenn sie Hunger haben und allein gelassen sind. Später schreien wir nur noch, wenn wir ganz existenzielle Angst oder furchtbare Schmerzen haben. Ansonsten können wir bei Gefahr fauchen und tuckern. Laut schnaufen tun wir ausdauernd beim Paarungsvorspiel.
Ohne uns unter den Bauch zu gucken, könnt Ihr Igelmännchen nicht wirklich von den Igelweibchen unterscheiden, auch wenn die Kerle meistens etwas größer, schwerer und kräftiger gebaut sind. Die Männchen haben dort, wo Ihr den Bauchnabel vermuten würdet, einen knopfartigen kleinen Penis. Die Weibchen haben direkt vor dem After die Scheide. Über dem After haben übrigens alle Igel einen etwa zwei cm langen Schwanz, der gut durchblutet und beweglich dem Schutz des Darunterliegenden dient.
Außer an den Fußspuren kannst Du auch an unseren Verdauungsprodukten sehen, dass sich jemand meiner Gattung in Deinem Garten wohlfühlt: Unsere kinderfingerdicken, ca. 5 cm langen braun-schwarzen Würstchen hinterlassen wir überall, wo wir gerade müssen. Und wenn morgens eine große Pfütze auf der Gehwegplatte steht, obwohl es nicht geregnet hat …. dann hatten wir genug zu trinken.
Igel werden bis zu 30 cm lang und wiegen als Erwachsene zwischen 750 g und 1500 g. Igel können sieben bis acht Jahre alt werden, aber meistens werden es leider nur etwa zwei bis fünf Jahre, weil das Leben eben schwer und oft bedroht ist. In der Natur schafft es höchstens die Hälfte aller Jungigel, bis nach dem ersten Winterschlaf am Leben zu bleiben. Vielleicht ist es für Euch interessant, dass unser Herz mit 200 bis 280 Schlägen pro Minute etwa dreimal so schnell wie ein Menschenherz schlägt, dass wir eine um etwa zwei Grad niedrigere Körpertemperatur als Ihr haben und dass wir 40 bis 50 mal pro Minute atmen, also fast jede Sekunde einmal.
Wie wir unseren Nachwuchs aufziehen:
Nach dem Winterschlaf, also im Mai und Juni ist es einfach wundervoll (und nötig!), unsere Energie–defizite aufzufüllen. Je besser das Nahrungsangebot ist, um so schneller werden wir von abgemagerten Gestalten mit schlotterndem Stachelkleid wieder zu tropfenförmigen hübschen Igelinnen und Igeln. So ab Mitte Juni treiben die Hormone die Igelmänner auf Wanderschaft: Sie suchen uns! Irgendwann steht so einer vor, nein, eigentlich hinter uns, um uns möglichst sofort zu besteigen. Aber so schnell lassen wir uns nicht auf die „Herren“ ein: Sofort beginnen wir, auf der Stelle im Kreise zu laufen und respekterheischend zu schnaufen, so dass er möglichst beeindruckt ist und hinterhereilen muss. Das setzen wir Igelinnen dann fort, der Igelmann fängt auch an zu schnaufen, und das Ganze geht in einen kontinuierlichen, schnaufbegleiteten Bewegungsablauf über, den Ihr Menschen „Igelkarussell“ genannt habt. Es kann Stunden dauern, und nur, wenn sich der Igelmann nicht vorzeitig trollt, sondern eine genügend beeindruckende Kondition bewiesen hat, dann … darf er! Dazu machen wir Damen uns ganz platt, legen die Stacheln flach an und stellen das Schwänzchen hoch – null problemo!
Also, die Igelmänner haben die Ausrede, dass sie uns und den Igeljungen die Nahrung nicht wegfressen wollen. Jedenfalls machen sie sich aus dem Staub und glänzen durch Abwesenheit, kaum dass sie ihre Gene weitergegeben haben!
Ich, Flitzi, bin jetzt etwa zwei Jahre alt und habe gerade zum ersten Mal die ganze Prozedur mit der Jungenaufzucht erfolgreich absolviert. (Letztes Jahr, in meinem ersten Sommer, hat es noch nicht geklappt, und da ich noch nicht ganz ausgewachsen war, war mir das ganz recht. Passiert aber manchen „Igeljungfrauen“, wenn auch nicht oft.) Als ich in diesem Juli merkte, dass ich nun Mutterpflichten haben würde, begann ich ein gut verstecktes, weiches Nest an einem mit dichtem Efeu bewachsenen Holzzaun zu bauen, aus Blättern, Gras und Moos. Schön weich gepolstert sollte es sein – irgendwoher wusste ich das alles ganz genau. Nach 35 Tagen Tragzeit brachte ich irgendwann im August oder September sechs Igelbabys zur Welt (es hätten auch nur zwei oder aber zehn sein können). Die Geburt war gar nicht schlimm, denn die etwa 200 winzigen weißen Babystacheln waren in die rosa aufgequollene Rückenhaut der Babys eingebettet und richteten sich erst danach auf. Anderthalb Tage später begannen schon dunkle Zusatzstacheln zu wachsen. Die Neugeborenen wogen ungefähr 20 g und hatten geschlossene Augen und Ohren, die sich gut zwei Wochen nach der Geburt öffneten. Da wogen sie schon zwischen 60 und 80 g, alle Stacheln waren inzwischen dunkel und die anfangs nackten Gesichter und Bäuchlein mit einem Haarflaum überzogen. Kurz, sie sahen jetzt schon wie richtige kleine Igelchen aus! Das Säugen und Babybauchmassieren (damit die Verdauung funktionierte) habe ich immer tagsüber erledigt, denn nachts musste ich raus aus dem Nest und fressen und trinken! In der nahrhaften Muttermilch steckt ja sehr viel Energie, die ich in den Mengen gar nicht in Reserve haben konnte. (In 100 g Igelmuttermilch sind 16 g Eiweiß und 25 g Fett enthalten! Allerdings nur 0,07 g Laktose, weil, wie gesagt, Igelbabys keine Laktose vertragen.) Solange meine Sprösslinge so klein waren, warteten sie sehr brav und geduldig im Nest, bis ich wiederkam. Nur ganz selten, wenn ich mich gar zu lange herumgetrieben hatte, begannen sie mich durch Pfeifen und Zwitschern zu rufen, weil sie Hunger hatten.
Nach drei Wochen wogen meine Kleinen 100 bis 130 g, hatten richtiges Fell an Kopf und Bauch und bekamen ihre Milchzähne, die nach weiteren fünf Wochen durch das endgültige Gebiss ersetzt werden. Ein paar Tage später haben wir dann den ersten Erkundungsgang vor den Nesteingang hinaus unternommen. War das süß, wie sie sich ihren künftigen Lebensraum erschnüffelt und ungeschickt in den ersten Regenwurm gebissen haben. Die vorbeieilenden Käfer haben sie meistens noch nicht erwischt, aber das müssen sie alleine lernen! Ich kann nur aufpassen, dass sie sich nicht verlaufen und dass ihnen möglichst kein Unfall passiert, aber weil wir Igel ja nicht so gut gucken und uns gegenseitig kaum etwas mitteilen können, wüsste ich auch gar nicht, wie ich ihnen das Beutemachen zeigen und ihnen erklären sollte, was schmeckt und was nicht. So ging das noch fast drei weitere Wochen. Je mehr sie selber draußen zu fressen erbeuteten, umso weniger Milch brauchten sie noch zu trinken. Als sie etwa sechs Wochen alt waren und zwischen 280 und 400 g wogen, haben wir unser gemeinsames Nest endgültig verlassen und den Familienverband aufgelöst. Die Geschwister begaben sich zwar ab und zu noch zu zweit oder zu dritt in ein selbstgebautes Tagesschlafnest, aber im Prinzip waren sie jetzt selbständig und wurden zu Einzelgängern, wie es sich für Igel gehört.
Es ist alles gutgegangen! Keines ist gestorben oder frühzeitig weggelaufen. Auch gestört wurden wir nicht, so dass ich nicht überstürzt umziehen und die Kleinen nacheinander in ein neues Versteck tragen oder gar verlassen oder in Panik auffressen musste. Nun werden meine Jungen und ich unabhängig voneinander zusehen, dass wir uns die nötigen Fettreserven für den bevorstehenden Winterschlaf anfressen. Im Frühherbst gibt es ja eigentlich mehr Beutetiere als zu jedem anderen Zeitpunkt des Jahres – denn Du hast ja bestimmt keine Insektizide ausgebracht und den Garten nicht akribisch gejätet und geharkt.
Wie das mit dem Winterschlaf geht:
In den Wintermonaten ziehen sich unsere Beutetiere tief in die Erde zurück oder überdauern in für uns nicht fressbaren Entwicklungsstadien. Deshalb haben wir im Laufe der Evolution etwas Faszinierendes entwickelt: Wir machen einen mehrmonatigen echten Winterschlaf! Wenn es im Herbst kälter und unser Nahrungsangebot knapper wird, ist das das Signal für uns, mit dem Bau des Winterschlafnestes loszulegen (s. o.).
Nach einer kurzen Übergangszeit, in der wir nicht mehr fressen und etwas apathisch halbschlafen, setzt der richtige Winterschlaf ein, zu dem wir die Körperfunktionen stark herabsetzen, unseren Fettvorrat aufzehren und so mehrere Monate ohne Futter überleben können. Unser Herz schlägt nur noch zwei- bis zwölfmal und wir atmen nur noch dreizehnmal pro Minute, unsere Körpertemperatur sinkt auf fünf Grad ab (es sei denn, es ist draußen etwas wärmer).
Die Männchen, die ja seit unserer Hochzeit nichts anderes mehr zu tun hatten als zu futtern, haben bereits Anfang Oktober so viel Speck, dass sie sich mit weit über einem Kilogramm Gewicht zum Winterschlaf verziehen können. Die frieren selten… Wir Weibchen können uns erst nach der Säugezeit ums Fressen für den Eigenbedarf kümmern. Je älter wir sind, umso häufiger sind wir jetzt richtig ausgemergelt, wie im Frühjahr, und laufen oft noch bis Anfang November herum, um etwas Nahrhaftes zu finden und die Ein-Kilo-Marke zu erreichen. Aber für die Jungigel ist das Herannahen des Winters am bedrohlichsten: Sie müssen es schaffen, bis zum Beginn des Winterschlafes als unbedingtes Minimum ein Gewicht von 500 g zu haben. Die Kalorienaufnahme muss größer sein als der Verbrauch, was bei zunehmender Kälte wegen der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur fast wie ein Lotteriespiel ist und oft übel ausgeht. Die Jungigel, die sich mit einem zu geringen Gewicht oder häufig in einem noch nicht so recht gekonnt gebauten Nest zur Ruhe begeben, haben nicht die besten Karten.
Bei milder Witterung im Frühjahr erwachen wir: Bei länger andauernden Außentemperaturen von 10 bis 15°C beginnt unser Herz wieder schneller zu schlagen, und die Körpertemperatur erreicht allmählich wieder 35 Grad. Allerdings sind wir jetzt noch nicht durchgehend wach; bei sinkenden Temperaturen ziehen wir uns lieber wieder ins Winterschlafnest zurück. Unsere Fettreserven sind nun ziemlich aufgebraucht, wir haben 20 bis 40 % unseres Herbst-Körpergewichtes verloren. Das Aufwachen kostet jedes Mal viel Energie. Es wäre schrecklich, wenn bei so einem Rückkehrversuch das Nest beseitigt wäre, weil irgendein eifriger Gärtner seine Laub- und Komposthaufen inzwischen abgetragen hat. Ich hab’ von Artgenossen gehört, dass sie plötzlich kein Dach mehr über dem Kopf hatten und sehr nahe an die Grenze des Erfrierens und Verhungerns geraten waren, weil es einfach zu früh im Jahr war.
Aber daran wollen wir jetzt nicht denken, sondern lieber an den süßen Moment, wenn wir Ende April ganz und gar aufwachen und Narzissenduft, Hummelgebrumm, Vogelgezwitscher und Sonnenwärme uns zurufen: „Der Frühling ist wirklich da! Es gibt wieder genug Tierchen zu fressen und spannende Erkundungsgänge zu unternehmen, und in ein paar Wochen beginnt dein Liebesleben!“
Was die Menschen dürfen:
Vernünftige Menschen haben uns Igel unter Naturschutz gestellt und ein „Bundesnaturschutzgesetz“ gemacht. Darin heißt es:
„Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. […] Es ist ferner verboten, Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten […] in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen […]. Abweichend […] ist es zulässig, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Die Tiere sind unverzüglich in die Freiheit zu entlassen, sobald sie sich dort selbständig erhalten können.“ Alles klar?!
Zusätzlich gibt es das Tierschutzgesetz. Das bestimmt:
„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss dem Tier angemessene Nahrung und Pflege sowie eine verhaltensgerechte Unterbringung gewähren, 2. darf das artgemäße Bewegungsbedürfnis eines Tieres nicht dauernd und nicht so einschränken, dass dem Tier vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, 3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“
Ich, Flitzi, die schnelle Igelin aus Deinem Garten, verabschiede mich hier. Für den Fall, dass ein Igel einmal Deine Hilfe braucht, wäre es sehr nett und nützlich, wenn Du Dich rechtzeitig um die „erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten“ kümmern und Dich schlau machen würdest. Dazu kann ich Dir nur wärmstens die weiteren Infoblätter dieser Webseite empfehlen und/oder eine direkte Kontaktaufnahme zu Gertraude Göpner ans Herz legen!! –
Auf gutes Zusammenleben von Igel und Mensch, Deine Flitzi.