Igel stehen in Deutschland unter Naturschutz. Es ist nur dann erlaubt, sie der Natur zu entnehmen, wenn sie hilfsbedürftig sind. In diesem Falle muss es das oberste Ziel sein, dem Igel bestmöglich zu helfen und ihn so bald wie möglich wieder in die Natur zu entlassen.
Hilfsbedürftig sind in diesem Sinne:
- Verletzte Igel,
- mutterlose Igelsäuglinge (in Niedersachsen: August/September),
- von Maden befallende, torkelnde oder apathische Igel,
- untergewichtige Igel (Jungtiere Anfang November: deutlich unter 500 g, Alttiere Anfang November: deutlich unter 1000 g)
- Igel mit deutlich sichtbaren Lücken im Stachelkleid (größer als eine 2-€-Münze) und
- bei Schnee und Dauerfrost: jeder aktive Igel
Nach Jahreszeiten angeordnet ist in folgenden Fällen menschliche Hilfe wünschenswert:
Im Frühling
tauchen meist relativ früh, oft schon Ende März, diejenigen Jungigel (d.h. im letzten Spätsommer geborene Igel) im Garten und an Wegesrändern auf, die im Spätherbst untergewichtig in den Winterschlaf gegangen sind. Aufwach-Gewichte von 300 bis 400g sind keine Seltenheit. Diesen Tieren hilft man mit einer unverzüglich eingerichteten Futterstelle. Wenn sie gesund sind, ist das die beste Hilfe!
Doch häufig trifft man auch Altigel (d.h. alle nicht im letzten Spätsommer geborenen Igel) an, die nach dem Winterschlaf derart abgemagert und in schlechter Verfassung sind, dass sie sich nicht mehr aus eigener Kraft in eine überlebensfähige Situation zurück retten können, auch mit Hilfe einer Futterstelle nicht. Diese Tiere laufen tagsüber umher oder liegen gar unversteckt kraftlos auf der Seite; sie riechen übel aus der Schnauze (marodes Gebiss), oder sie haben schrecklich riechende alte Verletzungen, oder sie tragen zu Hauf Zecken und Flöhe auf der Haut, oder sie haben sich einen Hautpilz zugezogen, der als weißes Gespinst zu massivem Stachelausfall führt. Diese Igel sind ältere Tiere, die sich bereits in vielen Lebenslagen behauptet und Erfahrungen gesammelt haben, und die in vielen Fällen noch ein oder zwei Sommer weiterleben und auch ihre bewährten Gene weitergeben könnten. Man sollte ihnen dies durch Aufnahme in menschliche Obhut ermöglichen: Sie sollten von Außen- und Innenparasiten befreit, gepäppelt und ggfls. medizinisch behandelt werden.
Im Sommer
vor allem erleiden Igel Verletzungen durch Arbeiten im Garten mit schwerem Gerät oder durch andere Umstände (Rasentrimmer mit Nylonfaden, Mausefallen, Hundebisse, Gefangensein in Obstnetzen, Maschendrahtzäunen, Kellerfenster-Lichtschächten, Außenkellertreppen-Basis, u. ä.). Ohne Hilfe durch den Menschen müssten die meisten solcher Igel einen oft qualvollen Tod erleiden, auch nach einer Befreiung in letzter Minute. Bringen Sie das verletzte Tier umgehend zum Tierarzt (am besten zu einem igel-erfahrenen und/oder nach Rücksprache mit mir: es geschehen leider häufig nicht angebrachte Behandlungen), in die Notfallambulanz der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Bünteweg 9, rechte Eingangstür oder, wenn keine akute Lebensgefahr besteht und Sie in zu großer Entfernung vom Raum Hannover wohnen, in eine Igelstation in Ihrer Nähe. Eine solche kann ich Ihnen in den allermeisten Fällen benennen. Wenn Sie sich der Sache nicht selbst gewachsen fühlen, informieren Sie die Feuerwehr (Tierrettung).
Igelnachwuchs kommt in Niedersachsen in den Monaten August bis September. Igelbabys bleiben im Nest, bis die Igelmutter von der Futtersuche heimkehrt. Ist dem Muttertier etwas zugestoßen, verlassen die stärksten Jungen erst nach tagelangem Warten das Nest und irren draußen umher. Sehr junge Igelbabys mit geschlossenen Augen und Ohren sind außerhalb des Nestes nur zu finden, wenn durch äußere Einwirkung der Wurf gestört wurde (Hund, Katze, Menschen, Maschinen). Hier zählt jede Stunde: Legen Sie die Igelsäuglinge in einem vorgewärmten Handtuch auf eine Wärmflasche mit warmem, nicht heißem Wasser (wenn keine Wärmflasche zur Hand ist, nehmen Sie eine Mineralwasserflasche oder einen zugeknoteten Gummihandschuh). Dann gilt auch hier: Tierärztliche Hochschule, Tierrettungsdienst der Feuerwehr, Igelhaus/-station kontaktieren. Versuchen Sie bitte nicht, die Igelbabys selbst zu füttern: Allzu leicht geraten Tee oder Aufzuchtmilch in die Lunge, was den Erstickungstod zur Folge hat, und außerdem gelingt die Aufzucht nur mit Spezialpräparaten (Lactoseintoleranz!).
Im Herbst
haben aushäusige Futterstellen ab Anfang November bei Temperaturen unter 5° C kaum noch Sinn – die Igel fressen zwar, nehmen aber nicht mehr zu.
Jungigel (graue, kürzere Stacheln, runde Stirn) unter 500 g Gewicht und
Altigel (bräunliche, bis 1,7 cm lange Stacheln, große, schwielige Füße, oft weißlich schrundige Haut am Stirnstachelansatz) unter 900 g Gewicht haben geringe Chancen, fünf bis sechs Monate Winterschlaf schadlos zu überstehen.
Diese Tiere müssen in menschliche Obhut genommen werden, um ihr Überleben zu sichern.
Im Winter
halten Igel konsequent einen tiefen Winterschlaf, in dem alle Körperfunktionen auf ein Minimum herabgesetzt sind. Herumirrende Igel bei Schnee und Dauerfrost sind immer Notfälle!
Bei Bauaktivitäten oder Grünpflegearbeiten werden manchmal Igel-Winterschlafnester zerstört. Infolgedessen herumlaufende Igel sind dem Erfrierungs- oder Hungertod ausgeliefert.
Jungigel, die mit zu geringem Gewicht in den Winterschlaf haben gehen müssen, wachen vorzeitig auf, um vielleicht doch noch etwas zu fressen zu finden, denn die einzige Alternative wäre, dass sie überhaupt nicht mehr aufwachen…
Igel mit deutlich abgesetztem Kopf („Hungerfalte“), eingefallenen Flanken, herausstehenden Hüft- und Schulterknochen und sichtbaren „langen“ Beinen sind ausgehungerte Tiere, die vergeblich auf Futtersuche sind – hier ist dringend Hilfe angezeigt, d. h., diese Tiere müssen aufgenommen werden, um sie vor dem sicheren Hunger- und Kältetod zu bewahren.