Ich habe einen Igel mit einer sichtbaren Hauterkrankung gefunden.
Wie kann man feststellen, um was es sich handelt?
Was sind die jeweiligen Therapien?
Wenn sich eine weiße schuppige Kruste auf der Haut des Igels befindet, entweder überall oder auch an einzelnen Stellen, liegt höchstwahrscheinlich ein Pilzbefall vor. Oft gehen auch die Stacheln bzw. Haare aus. Häufig ist ein regelrechtes Pilzgespinst zwischen den Stacheln zu sehen. Manchmal sind die Stellen auch feucht und blutig, vor allem, wenn sie so positioniert sind, dass der Igel sich dort kratzen kann.
Ein Pilz ist nicht immer einfach zu diagnostizieren, da ein Milbenbefall unter Umständen ähnliche Symptome hervorrufen kann. Hier helfen nur der sehr erfahrene Blick oder eine Untersuchung beim Tierarzt mit einer Schwarzlichtlampe. Ein Hautgeschabsel in ein klinisches Labor einzuschicken, wird endgültige Sicherheit bringen, aber die Untersuchung dort dauert, weil der Pilz angezüchtet werden muss, ca. drei Wochen. Während dieser Zeit sollte man schon gegen den vermuteten Hautpilz behandeln.
Denn Hautpilz geht nicht von selbst weg, und die Gefahr, dass sich im Garten oder im Pflegeraum andere Igel anstecken, ist groß. Ein an Hautpilz erkrankter Igel sollte also unbedingt behandelt werden.
Das Mittel zum Antipilzbad von Igeln heißt Imaverol. In Deutschland bekommt man es ausschließlich über einen Tierarzt. Aus einer Literflasche Konzentrat, die im Einkaufspreis beim Großhändler 266,00 € (!) kostet, erhält man 50 Bäder à 20 ml. Ein Bad kostet also im Einkaufspreis 5,32 €.
Es gibt auch 100-ml-Flaschen, die kosten zwischen 30 und 40 €.
Man braucht für einen Pilzigel mindestens 60 ml, denn man sollte mindestens 3x baden, besser 4x oder 5x. Eventuell kann man ab dem 2. Bad das Badewasser jeweils zweimal nehmen, wenn man nur einen einzigen Igel zu baden hat. Bis zur Wiederverwendung muss man es im Kühlschrank aufbewahren und dann in der Mikrowelle oder im Wasserbad (10-l-Eimer) handwarm machen.
Man badet alle 4 Tage (1x baden, 3 Tage Zwischenzeit, dann wieder baden usw.) und braucht jedesmal 20 ml Konzentrat auf 1 Liter warmes Wasser. Man nimmt eine nicht zu große alte Schüssel. Dann setzt man den Igel hinein und hält die gummibehandschuhten Hände unter den Bauch, damit das Tier möglichst keine Angst bekommt. Sie hassen Wasser! Dann dreht man den Igel um, so dass auch der Rücken eintunkt. Und dann tunkt man den Kopf, indem man den (sowieso zusammengerollten) Igel so weit auf den Kopf stellt, dass außer der Nase nichts mehr aus dem Wasser guckt. Das lassen sie sich erstaunlicherweise meist ganz gut gefallen. Ich habe es oft genug ausprobiert: Es schadet weder Augen noch Ohren. Da der Pilz natürlich auch und oft gerade im Gesicht sitzt, wäre es kontraproduktiv, den Kopf nicht zu baden (so wie von besonders vorsichtigen Igelpflegern manchmal geraten wird). Man muss aber sehr sehr gut aufpassen, dass der Igel das Badewasser nicht einatmet (das tun sie, ohne sich zu wehren, und dann ist die Katastrophe unausweichlich) und auch nicht trinkt. Die Nase darf auch nicht eine Sekunde unter Wasser geraten!!!
Unter folgendem link zu einem Video von Tierheim-TV können Sie mich ab Minute 9, einen Igel badend, beobachten:
https://www.youtube.com/watch?v=tH_6YMUCncc
Die reine Badezeit soll gut 5 Minuten betragen. Zwischendurch hole ich einen Igel ggfls. raus, setze ihn auf ein Handtuch und gucke mir genau an, ob abgestorbene Haut mit der Pinzette abgezogen oder mit Zahn- oder Schuhbürste rausgebürstet werden kann. Die abgestorbene Haut birgt natürlich Pilzsporen und ist ein Herd, aus dem die Erkrankung wieder aufflammt.
Anschließend kommt der Igel nochmal ins Badewasser, und dann wird er ohne Abspülen in ein Handtuch gewickelt, leicht darin gedrückt und mit dem Handtuch ins Schlafhaus gesetzt. Den Igel auf keinen Fall fönen! Nach einer Stunde nehme ich ihm das Handtuch weg und gebe ihm nochmal ein trockenes.
Die Handtücher anschließend in die Igelkochwäsche tun, das Badewasser – wenn man es zweimal verwenden will – durch ein Teesieb in eine Mineralwasserflasche schütten, den Bodensatz wegkippen, das Teesieb von Schmutz, Stacheln und abgelösten Hautpartikeln reinigen. Aufpassen, dass keine Stacheln in den Abfluss geraten, das gibt sehr schnell eine Verstopfung.
Zum Schluss das Teesieb, Gummihandschuhe, Pinzette, Bürste, Schüssel und Arbeitsfläche desinfizieren, z.B. mit „Safe Sept – HS-Schnelldesinfektion für Oberflächen“ von Firma Henry Schein Inc. Melville NY 11747 USA oder Henry Schein U.K. Holdings Ltd. Gillingham.
Oftmals fallen viele Stacheln auf den erkrankten Hautpartien aus, die mitunter erst nach Wochen nachwachsen. Von einer Auswilderung ist abzuraten, so lange noch stachelfreie Stellen vorhanden sind, die größer als ein 2-€-Stück sind, da der Igel sonst mühelos von Fressfeinden attackiert werden kann.
Igelhautpilz ist extrem ansteckend, auch für den Menschen. Bitte seien Sie auf der Hut, dass Sie den Pilz nicht selbst bekommen!! Fassen Sie das Tier nur mit Gummihandschuhen an, nicht nur während des Badens. Desinfizieren Sie diese und die verwendeten Putzschwämme oder –lappen, Arbeitsfläche, Spüle, Badeschüssel etc. nach jeder Benutzung. Werfen Sie später, wenn der Igel geheilt ist, alles Entbehrliche inklusive der Pappkartons, in denen der Igel untergebracht war, weg.
Gegen Hefepilze ist Imaverol leider nicht wirksam. Hefepilz auf der Igelhaut beginnt oft an den Hautpartien, die von Fell bedeckt sind. Dort lässt sich die Haut inklusive der Haare abpellen wie bei einem sich häutenden Reptil. Darunter ist neue, schöne Haut, die sich aber nach ein paar Tagen wiederum pellt. Dies wird trotz Imaverolbädern nicht besser.
Gegen Hefen ist der Wirkstoff Nystatin wirksam. Die behaarten Körperteile inklusive Gesicht und Ohren sollte man mit Nystaderm-Creme, rezeptfrei erhältich in der Menschenapotheke, täglich möglichst dünn eincremen. Im Stachelkleid ist Creme nicht praktikabel. Hier kann man sich in der Menschenapotheke eine Suspension mit Nystatin, Apotheker-Rezeptur NRF 21.3 mit 50.000 IE Nystatin (1 g Nystatinum, 99 g Glycerinum) anfertigen lassen. Diese Suspension füllt man zu Hause in eine Spritze ohne Kanüle und tropft sie täglich einmal über einen Zeitraum von mindestens einer Woche gut verteilt zwischen die Stacheln. Für einen mittelgroßen Igel braucht man ca. 6 ml pro Tag für das gesamte Stachelkleid. Man braucht also normalerweise nicht mehr als 50 – 100 ml dieser Suspension, bis man den Hefepilz besiegt hat.
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Eine Dermatitis (bakterielle Hautentzündung) ist nicht immer leicht von einem Pilz zu unterscheiden. Ab und zu kommt auch beides zusammen vor. Bei einer Dermatitis ist die Haut stark gerötet und schuppt sich, besonders häufig an den stachellosen, behaarten Körperpartien. Die Haut kann sich dabei verhärtet und ledrig anfühlen. Beides sind aber auch Erscheinungen bei Hautpilz. Behandelt wird äußerlich mit antibiotischer Salbe und/oder durch eine systemische Antibiose (Injektionen), vorzugsweise mit DuphamoxLA oder Convenia.
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Milben sind nicht ganz so leicht zu diagnostizieren und manchmal schwierig von einer Hautpilzerkrankung zu unterscheiden. Ein Milbenbefall erzeugt einen hellgrau-weißlichen, schuppigen Belag an den betroffenen Stellen, der oft zu Haar- bzw. Stachelausfall und entzündeten Sekundärinfektionen führt. Am häufigsten sind die Ohren, der Nasenrücken und die Partie der Stirnstacheln befallen. Am besten geht man zum Tierarzt, der ein Hautgeschabsel unters Mikroskop legt und die Milben dann sieht. Es stehen sodann einige Präparate zur Verfügung, z. B. eine 1:30-Lösung von Dectomax mit Sesamöl/Ballistol-Animal, mit denen der Igel eingesprüht werden kann. Stabile Igel kann man auch in Sebacil-Lösung (1 ml auf 1000 ml warmes Wasser) baden, 2mal im Abstand von 4 Tagen je 5 Minuten.