Ich habe einen schwachen, apathischen, torkelnden Igel gefunden.
Was soll ich tun?
Das Beste wäre, wenn ich den Igel direkt und zeitnah sehen würde. Ich würde beurteilen, ob das Tier für seine Körperlänge mager ist — dann sind die Flanken kurz vor den Hinterbeinen eingefallen, Hüft- und Schultergelenke staksen heraus, der Igel wirkt besonders langbeinig, hinter dem Kopf befindet sich eine Einkerbung, die sog. “Hungerfalte”, obwohl ein Igel eigentlich vom Stirnstachelansatz bis zum Po eine tropfenförmige Silhouette haben sollte.
Dies ist kein extremer Problemfall, “nur” ein untergewichtiger Igel.
Es wäre interessant, wie der Kot aussieht – wenn er grün oder gar schleimig ist, liegt ein Darmparasitenbefall und/oder eine bakterielle Darmentzündung vor.
Außerdem müsste man sehen, ob das Tier überhaupt vernünftig fressen kann (Atemnot, Zahn- oder Darmprobleme) oder evtl. verletzt ist, so dass es keine Beute mehr machen konnte und deshalb in die schlechte Verfassung gekommen ist.
Wenn es gerade Juli, August oder September ist, wenn Sie den Igel gefunden haben, und es handelt sich um ein Weibchen, so ist vor einer Internierung gewissenhaft und kundig die Hilfsbedürftigkeit gegen die Möglichkeit abzuwägen, dass die Igelin trächtig sein oder ein Nest mit Jungen haben könnte. Sehen Sie sich als Hilfe den Text zur Geschlechtsbestimmung an.
Ist sie trächtig, kann man zwar entwurmen (außer den Spritzen gegen Lungenwürmer, die führen meist zur Fehlgeburt), läuft aber Gefahr, dass die Igelin während der Wurmkur in der Kiste Junge wirft. Dann hat man 6 Wochen eine Igelfamilie im Haus, denn die kann man natürlich erst auswildern, wenn die Kleinen so weit sind, dass sie außerhalb des Nestes herumlaufen können.
Im August/September haben die meisten Weibchen draußen ein Nest mit Jungen, die verhungern, wenn man das Muttertier einfängt. Es heißt also abwägen, ob man das Tier wirklich im Sommer einfangen muss, oder ob man es nicht lieber draußen füttert, bis zum Herbst einigermaßen bei Kräften hält und erst Anfang Oktober aufnimmt, um es vor dem Winterschlaf komplett zu entwurmen und hochzupäppeln, damit es im Frühling wieder aufwacht.
Wenn Sie das Geschlecht des Igels nicht feststellen können, wäre auch dies ein Grund, dass Sie mich kontaktieren: Sie können dann direkt nach dem Einfangen zu mir kommen und wir sehen zusammen nach, ob es ein Weibchen ist. Wenn ja, entscheiden wir, ob es nicht lieber sofort wieder ausgewildert und später versorgt werden kann (s.o.). Ein paar Stunden können die Jungen im Nest alleine bleiben, ohne dass sie Schaden nehmen. Sollte dies alles wegen zu großer räumlicher Entfernung nicht möglich sein, setzen Sie sich ebenfalls per Email mit mir in Verbindung. Ich kann Ihnen vielleicht eine Igelstation in Ihrer Nähe benennen.
Gehen Sie bitte, wenn es Probleme durch Innenparasiten geben sollte, lieber nicht zum Tierarzt. Zu viele Tierärzte kennen sich mit Igeln nicht gut aus, weil der Igel im Tierarztstudium fast gar nicht vorkommt, und geben in guter Absicht falsche oder dem Zustand und Alter des Tieres nicht angemessene Medikamente. (Auf keinen Fall dürfen Ivomec oder Advocate oder irgendein anderes Spot-On-Präparat bei Igeln verwendet werden. Sie sind für Hunde und Katzen entwickelt und lassen sich nicht einfach per Dreisatz auf das Gewicht des Igels umrechnen, denn der Igel verstoffwechselt ganz anders als andere Tiergattungen.)
Sollten Sie aber schon beim Tierarzt gewesen sein, lassen Sie sich bitte genau am Telefon sagen, was er dem Igel gegeben hat, damit ich diese Info in mein Behandlungskonzept integriere.
Eine komplette Entwurmung dauert knapp zwei Wochen, sofern nicht noch eine mindestens fünftägige antibiotische Behandlung wegen einer Darmentzündung vorangehen muss. Wenn Sie der Ansicht sind, dass es notwendig ist, den Igel aufzunehmen, müssten Sie ihn fangen und gemäß der Anleitung „Unterbringung, Futter, med. Behandlung, Auswilderung des Pflegeigels” unterbringen.