Was ist bei der Igel-Auswilderung im Herbst zu beachten?
Sie haben einen Igel gesund gepflegt und/oder hochgefüttert. Nun soll er in die Natur entlassen werden. Jungigel sollten Sie nur auswildern, wenn Sie einen eigenen Garten haben, denn dann ist die vorübergehende Einrichtung einer Futterstelle unverzichtbar. Ältere Igel sollte man nur bei zwingenden Gründen umsiedeln. Diese sollte man bei guter Verfassung des Tieres am Fundort auswildern, notfalls auch ohne Futterstelle, sofern der Fundort ein vernünftiges Igelbiotop darstellt.
Altigel, die in menschlicher Obhut gepflegt worden sind, sollten ab Anfang Oktober mit Gewichten nicht unter 1000 g (Weibchen) bzw. 1100 g (Männchen) ausgewildert werden, denn man muss davon ausgehen, dass sie sich sofort in den Winterschlaf begeben und draußen nicht noch weiter zunehmen, auch wenn es eine Futterstelle gibt. Jungigel dagegen gehen oft erst Ende November in den Winterschlaf. Man kann sie bis dahin auswildern, sofern die nächtlichen Temperaturen nicht unter 6° fallen, eine Futterstelle angeboten wird und der Garten mit Nestbaumöglichkeiten (s.u.) gut vorbereitet ist. Die Auswilderungsgewichte der Jungigel müssen mit voranschreitender Jahreszeit steigen: Mitte Oktober kann man mit einem Gewicht von mindestens 500 g auswildern, Ende Oktober mit 600 g und im November nur noch mit mindestens 700 g. Höhere Gewichte sind zwar wünschenswert, müssen aber dagegen abgewogen werden, dass es einen plötzlichen Wintereinbruch geben könnte und man von einem Tag auf den anderen nicht mehr auswildern kann, weil man zu lange zugewartet hat. Dann muss man den Igel in einem Pappkarton im Gartenhaus oder in einer Garage mit Außentemperatur Winterschlaf machen lassen und hat ihn bis Anfang Mai in Pflege. –
Das Gewicht von 500 g, das immer wieder als passend für Jungigel vor dem Winterschlaf angegeben wird, ist das absolute Minimalgewicht, mit dem ein in der Natur großgewordener Igel den Winterschlaf überleben kann. Ein Pflegeigel nimmt nach dem Auswildern immer erstmal ab, durch die Umstellung, die vermehrte Bewegung und weil er vielleicht die Futterstelle gar nicht annimmt und/oder den Garten auf Nimmerwiedersehen verläßt. Ein sehr kurz vor dem Winterschlaf mit 500 g ausgewilderter Pflegeigel hätte dann ganz schnell auf 400 g abgenommen und würde aus dem Winterschlaf nicht wieder aufwachen.
Ein Igel wird in der späten Abenddämmerung ausgewildert. Bis dahin bleibt er in seiner gewohnten Pflegebox oder er wird, wenn Sie ihn von mir zum Auswildern bekommen haben, tagsüber in dem Auswilderungskarton gelassen und an einem kühlen, ruhigen Ort abgestellt (Treppenhaus, Windfang, Garage, Keller)
Naturnahes Nest für den Igel im Garten einrichten: mit grannenlosem (!) Stroh oder Blättern gefülltes Holz-Igelhaus, Stein-Igelhöhle, angelehntes Brett mit grannenlosem Stroh dahinter oder Ähnliches, wegen Schimmelbildung bitte kein Heu verwenden; zusätzlich immer einen mindestens kniehohen Laubhaufen an windgeschützter Stelle zusammenharken, den Sie am besten unter eine Konifere oder ein Gebüsch harken und mit Reisig und kleinem Geäst beschweren: dort stören Sie sich nicht optisch daran, das Laub kann nicht verweht werden, und der Igel kann darin ein Winterschlafnest bauen. Er wird hineinkriechen und sich drinnen immer im Kreis drehen, so dass die Blätter schließlich dachziegelartig geschichtet um ihn herum liegen, wasserfest und wärmedämmend.
Futter zubereiten: Pro Igel 200 g Katzendosenfutter mit 2 bis 3 El. Igeltrockenfutter von Vitakraft (lose erhältlich bei Fressnapf, Miezebello, Futterhaus) und 1 Tl. Speiseöl zu einem zähen Brei verrühren
Gefüllten Futter- und Wassernapf an eine geschützte Stelle mit Deckung im Garten u./o. vor das vorbereitete Nest oder den Laubhaufen stellen.
In der späten Abenddämmerung den Igel in seinem Schlafhaus oder mitsamt dem Auswilderungskarton an die Futterstelle bringen, — bei einem Auswilderungskarton den Klebestreifen von dem eingeschnittenen Tor entfernen, Tor aufklappen — und es dem Igel selbst überlassen, wann er sich in die Freiheit wagt (30 Sekunden bis 3 Stunden, alles ist möglich). Schlafhaus am nächsten Tag wegnehmen bzw. Papphaus wegwerfen – der Igel geht i. d. R. nicht wieder hinein und soll dies auch nicht.
- Die Futterstelle so lange beschicken, bis der Igel 5 Tage in Folge nicht mehr gekommen ist, oder bis es einen Wintereinbruch mit Frost und/oder Schnee gibt, oder bis Ende November.
- Futterreste morgens wegwerfen,
Futterstelle von Hinterlassenschaften reinigen. - Abends bei Einbruch der Dämmerung neues Futter hinstellen, auch wenn der Igel die ersten Nächte nicht kommt, weil er seinen Freiheitsrausch auslebt. Nach ein paar Nächten hat er so richtig Hunger und erinnert sich an die Futterstelle.
- Wasserstelle allmählich in Richtung einer sicher vorh. Vogeltränke verschieben, bis man den Igelwassernapf weglassen kann.
- Tiertränke täglich abends säubern und mit frischem Wasser füllen:
Vogelmilben und Salmonellen schaden dem Igel.
- Futterstelle spätabends kontrollieren: Kommen noch weitere Igel, sollte man die Futtermenge erhöhen, denn die haben es ebenfalls nötig.
- Kommen Katzen, sollte man eine Futterkiste drüberstellen, z. B. eine Apfelsinen- oder Plastikkiste, in die man ein oder zwei 10 x 10 cm große Igeltore sägt.
Igel gehen hemmungslos in eine solche Box hinein, Katzen, Füchse, Waschbären, Elstern und Krähen (morgens nach dem Hellwerden) bleiben draußen. Mit draufgetackerter Plastikfolie hat man auch auf einer Apfelsinenkiste gleich einen Regenschutz! Stein auf die Futterkiste legen oder seitlich fixieren, damit sie nicht umgeworfen oder herumgeschoben wird. Auch einen alten Wäschekorb kann man zum Futterhaus umfunktionieren.
- Kommen Ratten, nur füttern, wenn man in der Nähe ist und sie verscheuchen kann. Futternapf wegnehmen, wenn man selbst zu Bett geht. Ratten bringen manche Nachbarn dazu, Rattengift auszulegen, das unter Umständen die ganze Igelpopulation ausrottet. Dann geht der Schuss mit der Futterstelle nach hinten los…
- Findet sich grüner, schmieriger Igelkot um die Futterstelle herum, diese verlegen und versuchen, den „Verursacher“ ausfindig zu machen, zu fangen und mich kontaktieren. Hier ist eine Entwurmung nötig, und der Igel sollte nicht seine Artgenossen anstecken.
Wenn Sie einen Jungigel, den Sie selber im Warmen hochgepäppelt haben, auswildern wollen, so sollte er Anfang Oktober 400 g wiegen, Mitte Oktober 500 g, Ende Oktober 600 g. Im November wären 700 – 800 g nötig. Sehen Sie sich jeden Tag im Fernsehen auf N3 im Videotext, Seite 656, die 5-Tage-Wetterprognose oder im Internet z. B. auf wetter-online.de die Wetterentwicklung für die nächsten Tage an. Spätestens, wenn Sie dort feststellen, dass die Minimum-Temperatur demnächst unter null Grad fallen wird, wildern Sie den Igel 2 bis 3 Tage vorher aus, wenn er ein vertretbares Gewicht hat. Natürlich müssen Sie sehr gut vorbereiten, dass er ein “gemachtes Bett” vorfindet im Garten, s.o., sonst erfriert der Igel.
Es fällt nicht ganz leicht, Ende November auf einen Schlag mit dem Füttern aufzuhören, aber ist es das Richtige für die Igel. Wenn man das Futter peu à peu reduziert, fressen die Igel alles, was sie noch angeboten bekommen, und bleiben so lange wach. Da das aber eine reduzierte Futtermenge ist, läuft man Gefahr, dass die Igel dann abnehmen. Daher ist es besser, sie mit einem plötzlichen Totalentzug zu konfrontieren, so dass sie mit dem erreichten Gewicht (hoffentlich) sehr bald winterschlafen gehen. Wenn man mit dem Füttern gar nicht aufhört, laufen die Igel eventuell eines Nachts im Schnee herum und finden den Eingang in ihre Nester nicht mehr. Vielleicht sehen Sie sich zu dieser Thematik auch den Text „Wann beginnt der Winterschlaf bei Igeln” an.
Man erleichtert den Igeln den Nahrungsentzug und Winterschlafbeginn, wenn man konform mit der Wetterentwicklung aufhört zu füttern: Wenn die Prognose sagt “heute wird es deutlich kälter”, hört man mit dem Füttern auf, auch wenn es noch Ende November ist. Und wenn man in der Wetterprognose sieht, dass dies vielleicht erst am 4.12. so kommt, dann füttert man eben am 3.12. das letzte Mal. Also alles nicht ganz wörtlich nehmen, sondern mitdenken!